Der Zuckerrübenanbau und die Zuckerindustrie verbreiteten sich von 1835 bis 1900 in vielen Teilen Deutschlands. Neben anderen Industriezweigen wie der Schwerindustrie war sie eine der Wachstumsbranchen des Landes. Allein auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik wurden bis zum Jahr 1900 fast 600 Zuckerfabriken gegründet. Rund 2/3 der Gründungen erfolgten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Auch wenn die meisten nicht über einen längeren Zeitraum existierten, arbeiteten 1949 noch 68 Zuckerfabriken in diesem Teil Deutschlands und 70 Fabriken in der gerade gegründeten Bundesrepublik. Durch die Teilung des Landes entwickelten sich die Zuckerindustrie und der Zuckerrübenanbau in West- und Ostdeutschland sehr unterschiedlich. Im Beitrittsjahr der neuen Bundesländer 1990 gab es in der DDR 42 Werke die 0,6 Millionen t Zucker erzeugten und in der alten Bundesrepublik 38 Fabriken mit einer Erzeugung von rd. 3 Millionen t Zucker pro Jahr.
Vier deutsche und ein dänisches Unternehmen übernahmen 1991 die DDR-Zuckerindustrie aus dem Vermögen der Treuhand. Die Südzucker AG übernahm im Süden der DDR 6 Volkseigene Betriebe (VEB) mit 13 Zuckerfabriken: Oldisleben, das seit 1989 unter Denkmalschutz stand, sowie die Werke in Artern, Brottewitz, Delitzsch, Döbeln, Löbau, Lützen, Oberröblingen, Roitzsch, Straußfurt, Vitzenburg, Walschleben und Zeitz. Zucker produziert heute nur noch das Werk Zeitz (Südzucker AG) – die Zuckererzeugung dort ist heute etwa doppelt so hoch wie die gesamte der übernommenen 13 Fabriken im Jahr 1990.
Noch 1990 produzierte das Werk Oldisleben Zucker mit Anlagen, von denen viele nur in der Zeit von 1890 bis 1925 als modern bezeichnet werden konnten. Im Grunde genommen war die Zuckerfabrik nach 1970 ein „produzierendes Museum“, in dem 50 bis 100 Jahre alte Technik bei der Arbeit erlebt werden konnte. Überall sonst in Europa waren Dampfmaschinen, Diffusionsbatterien und andere „historische“ Produktionsmittel gegen moderne Anlagen ausgetauscht worden.
Der reiche Bestand an historischer Technik wird von einem hochwertigen, typischen Industriebau des 19. Jahrhunderts umschlossen. Somit stellt die Zuckerfabrik ein einzigartiges Industriedenkmal in Europa dar und geht in ihrer Bedeutung weit über den regionalen Rahmen hinaus.
Die Alleinstellungsmerkmale des Gebäudes und seiner technischen Ausstattung führten dazu, dass die Oldislebener Fabrik bereits zu Produktionszeiten (1989) auf die Kreisdenkmalliste des Kreises Artern gesetzt wurde. Dieser erste Schritt zur Sicherung der historischen Zuckerfabrik Oldisleben für die Nachwelt unterstreicht deren Bedeutung: Denkmalschutz für produzierende Betriebe war in der DDR absolut unüblich. Die Unterschutzstellung wurde bereits seit 1986 durch den Kulturbund der DDR angeregt und ist auch auf die Initiative des langjährigen ehemaligen Direktors der Zuckerfabrik Herrn Karl Nowitzki zurückzuführen.
Seit 1991 werden in der Zuckerfabrik Oldisleben keine Rüben mehr verarbeitetet. Zunächst wurde geprüft, ob die Zuckerfabrik ein Museum werden könnte. Jedoch hätte dies viele Umbauten erfordert, die wegen des Denkmalschutzes nicht machbar gewesen wären. Im erhaltenen Originalzustand von Gebäuden und Anlagen ist die Zuckerfabrik heute ein Technisches Denkmal. Für dessen Erhaltung hat von 1991 bis 2021 die Südzucker AG gesorgt und die Fabrik für interessierte Besucher zugänglich gemacht.
Besonderer Erhaltungsaufwand war für die Dächer der Gebäude erforderlich, weil sich ohne die Wärme der Zuckererzeugung das Raumklima für die Holzkonstruktion der Dächer stark veränderte. Daneben zeigte sich auf die Dauer, dass das einzigartige Technische Denkmal im alleinigen Eigentum eines produzierenden Großunternehmens der Nahrungsmittelindustrie von der Öffentlichkeit nicht angemessen wahrgenommen wurde. Gerade um die kulturgeschichtliche Bedeutung der alten Fabrik einschließlich der Zuckerrübenproduktion in der Landwirtschaft unabhängig vom Eigentümer hervorzuheben und weiter entwickeln zu können, wurde die Zuckerfabrik Oldisleben im Jahr 2021 auf die im selben Jahr gegründete Stiftung Kulturgut Zuckerfabrik Oldisleben übertragen.
Die Stiftung dient der Förderung von Kultur, Wissenschaft, Forschung und Bildung im Kontext deutscher Industriegeschichte. Der Hauptzweck der Stiftung liegt in der dauerhaften und langfristigen Traditionspflege des Zuckerrübenanbaus und der Zuckerindustrie, die zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung der Fabrik eine dynamisch wachsende Industriebranche war. Die Stiftung möchte zum einen die Erkenntnisse über die Bedeutung der Zuckerrübe und des Zuckers in technisch-historischer, kultureller, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht präsentieren wie auch zum anderen dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege dienen.
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Am 1. Juli 2022 übergab die Staatssekretärin des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales Frau Katharina Schenk die Stiftungsurkunde an den Vorstand der Stiftung Herrn Dr. Markus Lorenz. Beim Festakt in Oldisleben; v.l.: Landrätin Antje Hochwind-Schneider, Dr. Peter Meinecke (Stiftung), Dr. Markus Lorenz (Südzucker AG), Staatssekretärin Katharina Schenk, Bürgermeisterin Silvana Schäffer (Stadt An der Schmücke) (Foto Pressemeldung der Südzucker AG, 1. Juli 2022)
Der Zuckerrübenanbau und die Zuckerindustrie verbreiteten sich von 1835 bis 1900 in vielen Teilen Deutschlands. Neben anderen Industriezweigen wie der Schwerindustrie war sie eine der Wachstumsbranchen des Landes. Allein auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik wurden bis zum Jahr 1900 fast 600 Zuckerfabriken gegründet. Rund 2/3 der Gründungen erfolgten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Auch wenn die meisten nicht über einen längeren Zeitraum existierten, arbeiteten 1949 noch 68 Zuckerfabriken in diesem Teil Deutschlands und 70 Fabriken in der gerade gegründeten Bundesrepublik. Durch die Teilung des Landes entwickelten sich die Zuckerindustrie und der Zuckerrübenanbau in West- und Ostdeutschland sehr unterschiedlich. Im Beitrittsjahr der neuen Bundesländer 1990 gab es in der DDR 42 Werke die 0,6 Millionen t Zucker erzeugten und in der alten Bundesrepublik 38 Fabriken mit einer Erzeugung von rd. 3 Millionen t Zucker pro Jahr.
Vier deutsche und ein dänisches Unternehmen übernahmen 1991 die DDR-Zuckerindustrie aus dem Vermögen der Treuhand. Die Südzucker AG übernahm im Süden der DDR 6 Volkseigene Betriebe (VEB) mit 13 Zuckerfabriken: Oldisleben, das seit 1989 unter Denkmalschutz stand, sowie die Werke in Artern, Brottewitz, Delitzsch, Döbeln, Löbau, Lützen, Oberröblingen, Roitzsch, Straußfurt, Vitzenburg, Walschleben und Zeitz. Zucker produziert heute nur noch das Werk Zeitz (Südzucker AG) – die Zuckererzeugung dort ist heute etwa doppelt so hoch wie die gesamte der übernommenen 13 Fabriken im Jahr 1990.
Noch 1990 produzierte das Werk Oldisleben Zucker mit Anlagen, von denen viele nur in der Zeit von 1890 bis 1925 als modern bezeichnet werden konnten. Im Grunde genommen war die Zuckerfabrik nach 1970 ein „produzierendes Museum“, in dem 50 bis 100 Jahre alte Technik bei der Arbeit erlebt werden konnte. Überall sonst in Europa waren Dampfmaschinen, Diffusionsbatterien und andere „historische“ Produktionsmittel gegen moderne Anlagen ausgetauscht worden.
Der reiche Bestand an historischer Technik wird von einem hochwertigen, typischen Industriebau des 19. Jahrhunderts umschlossen. Somit stellt die Zuckerfabrik ein einzigartiges Industriedenkmal in Europa dar und geht in ihrer Bedeutung weit über den regionalen Rahmen hinaus.
Die Alleinstellungsmerkmale des Gebäudes und seiner technischen Ausstattung führten dazu, dass die Oldislebener Fabrik bereits zu Produktionszeiten (1989) auf die Kreisdenkmalliste des Kreises Artern gesetzt wurde. Dieser erste Schritt zur Sicherung der historischen Zuckerfabrik Oldisleben für die Nachwelt unterstreicht deren Bedeutung: Denkmalschutz für produzierende Betriebe war in der DDR absolut unüblich. Die Unterschutzstellung wurde bereits seit 1986 durch den Kulturbund der DDR angeregt und ist auch auf die Initiative des langjährigen ehemaligen Direktors der Zuckerfabrik Herrn Karl Nowitzki zurückzuführen.
Seit 1991 werden in der Zuckerfabrik Oldisleben keine Rüben mehr verarbeitetet. Zunächst wurde geprüft, ob die Zuckerfabrik ein Museum werden könnte. Jedoch hätte dies viele Umbauten erfordert, die wegen des Denkmalschutzes nicht machbar gewesen wären. Im erhaltenen Originalzustand von Gebäuden und Anlagen ist die Zuckerfabrik heute ein Technisches Denkmal. Für dessen Erhaltung hat von 1991 bis 2021 die Südzucker AG gesorgt und die Fabrik für interessierte Besucher zugänglich gemacht.
Besonderer Erhaltungsaufwand war für die Dächer der Gebäude erforderlich, weil sich ohne die Wärme der Zuckererzeugung das Raumklima für die Holzkonstruktion der Dächer stark veränderte. Daneben zeigte sich auf die Dauer, dass das einzigartige Technische Denkmal im alleinigen Eigentum eines produzierenden Großunternehmens der Nahrungsmittelindustrie von der Öffentlichkeit nicht angemessen wahrgenommen wurde. Gerade um die kulturgeschichtliche Bedeutung der alten Fabrik einschließlich der Zuckerrübenproduktion in der Landwirtschaft unabhängig vom Eigentümer hervorzuheben und weiter entwickeln zu können, wurde die Zuckerfabrik Oldisleben im Jahr 2021 auf die im selben Jahr gegründete Stiftung Kulturgut Zuckerfabrik Oldisleben übertragen.
Die Stiftung dient der Förderung von Kultur, Wissenschaft, Forschung und Bildung im Kontext deutscher Industriegeschichte. Der Hauptzweck der Stiftung liegt in der dauerhaften und langfristigen Traditionspflege des Zuckerrübenanbaus und der Zuckerindustrie, die zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung der Fabrik eine dynamisch wachsende Industriebranche war. Die Stiftung möchte zum einen die Erkenntnisse über die Bedeutung der Zuckerrübe und des Zuckers in technisch-historischer, kultureller, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht präsentieren wie auch zum anderen dem Denkmalschutz und der Denkmalpflege dienen.